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Technologie

2.2.04 Schwimmbäder – Gesundheitliche Risiken der Beckendesinfektion

„Schwimmen ist gesund“, das ist ein Allgemeinsatz der Gesundheitsvorsorge. Doch trifft dies auch uneingeschränkt auf das Schwimmen in dem mit Chlor desinfizierten Wasser von Schwimmbädern zu? Nach einer Desinfektion mit Chlor können sich im Wasser sogenannte Desinfektionsnebenprodukte bilden – die Risiken für die menschliche Gesundheit bedeuten können. Noch sind viele Fragen wissenschaftlich nicht ausreichend geklärt, etwa die Risi- ken für chronisch Kranke oder Kinder. Ein neues Forschungsprojekt sucht Antworten auf diese Fragen.

Die Aufbereitung von Schwimmbeckenwasser erfordert den Einsatz von Chlor als Desinfektionsmittel (siehe auch DIN 19643). Die Reaktionen von Chlor mit Stoffen, die über das Beckenwasser oder die Badegäste in die Schwimmbecken eingebracht werden, erzeugen jedoch unerwünschte Desinfektionsnebenprodukte (DNP). Diese DNP stehen im Verdacht, gesundheitsschädigend zu sein. Die für die menschliche Gesundheit schädlichen DNP sind zwar kein neues Problem, die Folgen für die Hygiene von Schwimm- und Badebeckenwasser stehen aber in jüngster Zeit im Fokus des wissenschaftlichen Interesses.

Die Ergebnisse der bisher vorliegenden Studien bringen Atemwegs- und andere chronische Erkrankungen in Zusammenhang mit dem Schwimmen in gechlortem Badebeckenwasser. Insbesondere unter dem Aspekt der breiten Akzeptanz des Schwimmens bereits vom Kindes- alter an („Schwimmen ist gesund“), ist das Thema brisant für die Gesundheitspolitik. Zumal in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen kann, die Risiken des Schwimmens in gechlortem Badebeckenwasser seien größer als die gesundheitlichen Vorteile. Dies ist eine Aufgabe der gesundheitsbezogenen Umweltforschung: Sie muss verlässliche Daten bereitstellen, die eine wissenschaftliche Risikobewertung im Sinne der Prävention ermöglichen.

Internationale Impulse gesetzt

Deutschland hat in der Schwimm- und Badebeckenwasserhygiene international eine führende Rolle. Die Forschungsarbeiten sind ein Beitrag zur nachhaltigen Gesundheits- vorsorge und sie beeinflussen die internationalen Standards. Zu nennen sind die Projekte „Sicherheit von Schwimm- und Badebeckenwasser aus gesundheitlicher und aufbereitungstechnischer Sicht“ (Förderkennzeichen: 02WT0004) und „Integrierte Risikoabschätzung für die neue Generation der Desinfektionsnebenprodukte“ (Förderkennzeichen: 02WU0649). Die Studie mit Leistungsschwimmern (Projekt FKZ: 02WT0004) war weltweit die erste Populationsstudie, die das gesundheitsbezogene Risiko des Schwimmens in Badebecken abgeschätzt hat. Sie gab internationale Impulse für ähnliche Studien.

Vorort-Messung zur Bestimmung des Gefährdungspotenzials von DNP in der Hallenbadluft

Vorort-Messung zur Bestimmung des Gefährdungspotenzials von DNP in der Hallenbadluft
Vorort-Messung zur Bestimmung des Gefährdungspotenzials von DNP in der Hallenbadluft
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Symposium veranstaltet

Im März 2009 fand in Dessau das Symposium „Aktuelle Aspekte der Schwimmbeckenwasserhygiene – Pool Water Chemistry and Health“ statt. Hier trafen sich weltweit führende Wissenschaftler auf diesem Gebiet, führten eine Bestandsaufnahme durch und benannten offene Fragen. Nach übereinstimmender Einschätzung der Wissenschaftler hat die deutsche Forschung auf dem Gebiet der Schwimm- und Badewasserhygiene einen erheblichen Vorteil: Schon frühzeitig wurden alle wesentlichen Aspekte des Risikomanagements in ihren Wechselwirkungen untersucht – ob es sich um die Aufbereitung von Badebeckenwasser oder die Gefährdungsabschätzung und Risikobewertung von Desinfektionsnebenprodukten handelt.

Die beiden genannten Forschungsprojekte haben gezeigt, dass gesundheitliche Gefährdungspotenziale des Schwimmens in gechlortem Badebeckenwasser nachweisbar sind. Ziel des laufenden Projekts „Gesundheitsbezogene Optimierung der Aufbereitung von Schwimm- und Badebeckenwasser“ ist es, noch offene Fragen mit hoher gesundheitspolitischer Brisanz zu bearbeiten, vor allem Atemwegserkrankungen unter besonderer Berücksichtigung von Kindern. Das vorrangige Ziel: In einem breiten Konsens von Wissenschaft, Behörden und Politik, Betrei- bern von Badeanstalten sowie der Öffentlichkeit die Parameter zu definieren, die eine gesundheitliche Gefährdung ausschließen.

Drei Fragen sind für das Projekt von besonderem Interesse:

  • Sind die diskutierten Expositionspfade und die damit verbundenen chronischen Erkrankungen (inhalativ/Asthma, dermal/Blasenkrebs) relevante Gefährdungspotenziale?
  • Wenn ja, welche Expositionsszenarien sind dafür verantwortlich (chemische Stoffe/Aufbereitung)?
  • Welche Möglichkeiten (Aufbereitungstechniken/Maßnahmenkatalog) sind verfügbar, um diese Gefährdungspotenziale zu verringern beziehungsweise auszuschließen?

Zentrales Element der wissenschaftlichen Arbeiten ist der Aufbau eines Schwimmbadmodells, in dem sich die Untersuchungen kontrolliert durchführen lassen. Die verschiedenen Aufbereitungsvarianten werden begleitet durch umfangreiche chemische und toxikologische Analysen. Hierzu werden die modernsten Verfahren eingesetzt (etwa Expositionsmodelle für inhalative und dermale Schadstoffe).

Mitteilung „Babyschwimmen und Desinfektionsnebenprodukte in Schwimmbädern“ erschienen

Auf Grundlage der Ergebnisse sind eine Risikobewertung von Desinfektionsnebenprodukten sowie technische und rechtliche Maßnahmen geplant, die die DNP-Bildung verringern sollen. Ein wesentliches Ziel ist es, die gesundheitsbezogene Umweltforschung voranzutreiben. Es ist zu erwarten, dass die Forschungen auf dem Gebiet der Schwimm- und Badebeckenwasserhygiene in rechtliche Vorschriften münden. Erstes Ergebnis ist die Mitteilung „Babyschwimmen und Desinfektionsnebenprodukte in Schwimmbädern“ der Schwimm- und Badebeckenwasser- kommission (BWK) des Bundesministeriums für Gesundheit, die im Bundesgesundheitsblatt 2011 (54: 142–144) veröffentlicht wurde. Im Sinne des Vorsorgeprinzips wird auf ein mögliches Risiko hingewiesen. Das geschieht auch unter dem Aspekt, dass mit dem technischen Regelwerk zur Aufbereitung von Schwimm- und Badebeckenwasser sowie zur Hallenbadbelüftung das Instrumentarium zur Minimierung der TCA-Konzentration in der Hallenluft zur Verfügung steht. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass Badbetreiber und Badegäste infolge der UBA-Aktivi- täten ein deutliches Problembewusstsein zum Baby- schwimmen und Asthma ausgebildet haben. Auch wenn die wissenschaftliche Bewertung der toxikologischen Daten von der BWK und der Ad-hoc-Arbeitsgruppe „Innenraumrichtwerte der Innenraumlufthygiene-Kommission“ nach wie vor kontrovers ist, steht nun dennoch mit dem festgelegten technisch erreichbaren Richtwert von 0,2 mg/m3 Trichloramin in der Hallenbadluft ein geeigneter Überwachungsparameter zur Minimierung des Gesundheitsrisikos zur Verfügung.

Umweltbundesamt (UBA)
Forschungsstelle Bad Elster

Dr. Tamara Grummt
Heinrich-Heine-Straße 12
08645 Bad Elster
Tel.: 03 74 37/7 63 54
Fax: 03 74 37/7 62 19
E-Mail: tamara.grummt@uba.de
Internet: www.uba.de
Förderkennzeichen: 02WT1092
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