Startseite | Inhaltsverzeichnis | Impressum | Datenschutz | English
Technologie

2.1.02 Abwasser als Wertstoff – Das erfolgversprechende Demonstrationsprojekt SANIRESCH

Der Kenntnisstand über neue Sanitärsysteme in Deutschland wächst. Doch bis zur Serienreife aller Systemkomponenten bedarf es noch weiterer Forschung und Entwicklung. Das Projekt „Sanitärrecycling Eschborn“ hilft hier mit: Im Mittelpunkt steht die Frage, wie sich der alternative Lösungsansatz umsetzen und sich das anfallende Abwasser umweltverträglich nutzen lassen. Demonstrationsobjekt ist ein Bundesunternehmen, erste Projektergebnisse liegen inzwischen vor.

Für die großflächige Umsetzung von neuartigen Sanitärsystemen (NASS) ist der aktuelle Wissensstand in Deutschland noch nicht ausreichend: Manche der eingesetzten Technologien sind weiterzuentwickeln (z. B. Spültrenntoiletten), die landwirtschaftliche Verwertung von gewonnenen Produkten wie z. B. Urin und Struvit ist noch nicht zugelassen. Wie sich diese Situation ändern lassen könnte, untersucht das Forschungs- und Demonstrationsvorhaben „Sanitärrecycling Eschborn“ (SANIRESCH) der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), wissenschaftlich begleitet durch die Projektpartner RWTH Aachen, Universität Bonn, FH Gießen, Huber SE und Roediger Vacuum (Laufzeit: 2009 bis 2012).

Die GIZ hatte im Jahr 2006 bei der Modernisierung ihres Hauptgebäudes in Eschborn bei Frankfurt ein Sanitärsystem zur getrennten Erfassung von Urin, Braun- und Grauwasser eingebaut. Es umfasst Spültrenntoiletten, wasserlose Urinale, separate Leitungen für Urin, Braun- und Grauwasser sowie Urinspeichertanks. SANIRESCH kümmert sich um die Behandlung und Verwertung der Abwasserströme, Das Projekt will die Akzeptanz des neuen Sanitärsystems in der Belegschaft ebenso untersuchen wie die Einsatzmöglichkeiten von Urin in der Landwirtschaft. Außerdem betrachtet es die Wirtschaftlichkeit und internationale Übertragbarkeit.

Zahlreiche Projektbausteine

Das Projekt besteht aus verschiedenen Komponenten, die die beteiligten Projektpartner allein oder gemeinsam bearbeiten.

Sanitär- und Hausinstallationen: Im GIZ-Hauptgebäude sind für die Trennung des Abwassers 25 wasserlose Urinale (Firma Keramag) sowie 48 Trenntoiletten (Roediger Vacuum) eingebaut – das Projekt untersucht letztere im Dauerbetrieb.

Ausbringungsversuche mit Urin auf den Versuchsfeldern der Universität Bonn: Düngung (März 2010)

Ausbringungsversuche mit Urin auf den Versuchsfeldern der Universität Bonn: Düngung (März 2010)
Ausbringungsversuche mit Urin auf den Versuchsfeldern der Universität Bonn: Düngung (März 2010)
 Bild vergrößernzoom

Anlagentechnik: Ein Fällungsreaktor behandelt den gesammelten Urin in einem chemisch-physikalischen Prozess; nach Zugabe von Magnesiumoxid entsteht Magnesium-Ammonium-Phosphat (MAP) in fester Form, ein wertvolles Düngemittel für die Landwirtschaft. Die Braunwasserbehandlung erfolgt in einem Membranbioreaktor (MBR), nachdem zuvor Grobstoffe entfernt wurden. Der MBR hält mittels Ultrafiltration Feststoffe und Bakterien sowie nahezu alle Viren zuverlässig zurück. Das gewonnene Filtrat lässt sich hygienisch bedenkenlos für die Bewässerung nutzen. Auch Grauwasser (Küchenspül- und Handwaschwasser) bereitet ein MBR auf, das erzeugte Betriebswasser bietet sich für die Toilettenspülung an.

Betrieb und Überwachung: Die Anlagen werden vor Ort betreut und optimiert. Eine Fernwirktechnik dient dazu, die Anlagen zu steuern und zu überwachen sowie die Basisparameter des Abwassers zu analysieren.

Qualität der Produkte/Urinlagerung: Bereits bei der Lagerung von Urin kann es zum Abbau von Arzneimittelwirkstoffen kommen; diesen Abbau gilt es zu quantifizieren. Außerdem werden in Labortests die Lagerungsbedingungen gezielt angepasst (z. B. durch Variation des pH-Werts), um die Urinlagerung hinsichtlich der Schadstoffentfrachtung verbessern zu können.

Landwirtschaftliche Produktion SANIRESCH führt Düngeversuche mit gelagertem Urin und MAP im Freiland durch. Erkenntnisse über die Folgen für nachwachsende Rohstoffe (Miscanthus) und Getreide stehen im Mittelpunkt des Interesses. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Urinverwertung in Deutschland werden geklärt und Empfehlungen für Behörden erarbeitet.

Links: Besichtigung des MAP-Reaktors durch Projektpartner. / Rechts: MAP-Reaktor mit Innenansicht

Links: Besichtigung des MAP-Reaktors durch Projektpartner. / Rechts: MAP-Reaktor mit Innenansicht
Links: Besichtigung des MAP-Reaktors durch Projektpartner. / Rechts: MAP-Reaktor mit Innenansicht
 Bild vergrößernzoom

Akzeptanz: Studien sollen die Akzeptanz der Urindüngung bei Nutzern und Reinigungskräften in der GIZ sowie bei Landwirten und Verbrauchern ermitteln.

Wirtschaftlichkeit: Ein Projektbaustein gilt der Ermittlung der Investitions-, Betriebs- und Re-Investitionskosten; auch der Amortisationszeitpunkt ist zu bestimmen. Flankierend will das Projekt den wirtschaftlichen Vergleich mit anderen technischen Lösungen vornehmen.

Internationale Übertragbarkeit: Ziel ist es, die für das Sanitärkonzept und die verwendeten Technologien besonders geeigneten Regionen und Einsatzoptionen festzustellen. Zusätzlich wird der Anpassungsbedarf ermittelt, der erforderlich ist, um die Technologien auch in besonderen Fällen in Schwellen- und Entwicklungsländern erfolgreich einsetzen zu können.

Erste Projektergebnisse

Das Forschungsprojekt ist im Juli 2009 gestartet. Die folgend vorgestellten Ergebnisse beziehen sich auf das erste Projektjahr.

Für die Mitarbeiter sind die Urinale und Toiletten die einzigen sichtbaren Komponenten des Systems, der Zustand der Sanitäranlagen ist ausschlaggebend für die Akzeptanz. Es hat sich gezeigt, dass es erforderlich ist, die Roediger Trenntoiletten zu modifizieren: Das Ventil, das für die Urin-Abtrennung verantwortlich ist, wurde bereits verbessert, um den Einbau zu erleichtern und den Durchfluss zu verbessern.

Die Urinlagerversuche haben gezeigt, dass der Urin pharmazeutische Rückstände enthält, die auch am Ende der Lagerzeit von sechs Monaten nicht vollständig eliminiert waren. Die Schwermetallkonzentrationen lagen in ersten Messungen unter den Grenzwerten der Trinkwasserverordnung (TrinkwV, 2001) somit ist davon auszugehen, dass eine Anwendung in der Landwirtschaft diesbezüglich unproblematisch wäre. Untersuchungen des als MAP ausgefällten Urins haben ergeben, dass keine pharmazeutischen Wirkstoffe in das Fällprodukt eingeschlossen waren. Noch zu analysieren ist, ob Wirkstoffe an der Oberfläche der MAP-Kristalle haften und Bestandteil einer organischen Matrix bilden.

Hinsichtlich der Düngewirkung zeigten die mit Gelbwasser gedüngten Weizen- und Ackerbohnen-Parzellen im laufenden Feldversuch eine gute Wuchsleistung, die sich optisch nicht von den Mineraldünger-Parzellen unterscheiden. Obgleich detailliertere Ergebnisse noch ausstehen, sind nur geringe Unterschiede zu Mineraldünger zu erwarten.

Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsanalyse wurden die Investitions- und Betriebskosten der im Gebäude eingebauten Sanitärinstallationen (Toiletten, Urinale, Leitungen, Urintanks) im Vergleich zum konventionellen System analysiert, das in den Flügeln desselben Gebäudes zeitgleich installiert wurde. Die Kosten der Sanitärinstallation betragen für die SANIRESCH-Variante 0,088 Euro je Nutzung, bei der konventionellen Variante sind es 0,071 Euro. Diese Differenz erklärt sich durch die deutlich höheren Investitionskosten.

Projekt-Website www.saniresch.de

Deutsche Gesellschaft für Internationale
Zusammenarbeit (GIZ) GmbH
Nachhaltige Sanitärversorgung – ecosan

Dr.-Ing. Martina Winker (Projektfederführung)
Postfach 5180
65726 Eschborn
Tel.: 0 61 96/79 32 98
Fax: 0 61 96/79 80 32 98
E-Mail: martina.winker@giz.de
Internet: www.giz.de/ecosan
Förderkennzeichen: : 02WD0947 bis -52
Water as a resource
Schnellübersicht
Projekt-Website

www.saniresch.de