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Ökologie

1.4.07 Gebäudesicherung für jedermann – Selbstdichtende Wassersperren für Fenster und Türen

Zahlreiche Städte und Gemeinden waren in den vergangenen Jahren von Hochwasser betroffen. Die Fluten gelangten in die Häuser und zerstörten häufig das komplette Mobiliar. Um zu verhindern, dass über die Ufer tretendes Wasser in Gebäude eindringt, müssen Fenster und Türen rechtzeitig abgeschottet werden. Zwar gibt es auf dem Markt bereits unterschiedliche Schutzsysteme, doch die Erfahrung hat gezeigt, dass sich insbesondere Altbauten damit nicht ausreichend abdichten lassen. Wissenschaftler des Sächsischen Textilforschungsinstituts in Chemnitz entwickelten deshalb selbstdichtende Wassersperren für Fenster und Türen, die flexibel und mit wenig Aufwand auch in alten Gebäuden mit unebenen Wänden montiert und ebenso problemlos wieder entfernt werden können.

Herkömmliche Hochwasserschutzsysteme für Fenster und Türen bestehen in der Regel aus Schutzplatten, die vor dem Hochwasser mittels Dübel und Schrauben direkt am Mauerwerk befestigt oder in bereits vorinstallierte Schienen eingesetzt werden. Entscheidend ist hierbei, dass der Spalt zwischen Platte und Mauer vollkommen dicht ist, damit das Wasser nicht durch kleine Öffnungen und Ritzen nach innen drücken kann. Doch dies – so die Erfahrung aus den Hochwasserereignissen der vergangenen Jahre – lässt sich vor allem bei vielen Altbauten kaum vermeiden, da aufgrund des unebenen Mauerwerks keine exakte und damit undurchlässige Dichtung angebracht werden kann. Selbst Gummi ist hierfür nicht elastisch genug, und Silikon lässt sich nach dem Abbau des Schottsystems nur sehr mühevoll von Putz, Fenstern und Türrahmen entfernen.

Mineralisches Dichtungsmaterial

Im Rahmen des vom BMBF geförderten Forschungsprojekts „Selbstdichtende Wassersperren für Fenster und Türen“ suchten Wissenschaftler des Sächsischen Textilforschungsinstituts in Chemnitz deshalb nach effizienten und wirksamen Alternativen. Ihre Lösung: mineralische Dichtungsstoffe, die sich durch die Zugabe von Flüssigkeit formen und somit den Unebenheiten flexibel anpassen lassen. Lehm und Ton sind zum Beispiel mineralische Stoffe, die im feuchten Zustand aufquellen und beliebig formbar sind. In spezielle Textilschläuche gefüllt und vor dem Einsatz angefeuchtet, passen sie sich dem Mauerwerk exakt an. Die Untersuchungen ergaben, dass sich Bentonit als Dichtungsstoff sehr gut eignet. Das Gestein ist eine Mischung aus verschiedenen Tonmineralien und besitzt eine starke Wasseraufnahme- und Quellfähigkeit. Das verwendete Tongranulat ist sehr feinkörnig (Korngröße 0,1 bis 2 mm), lässt sich dadurch gut dosieren und neigt auch nicht dazu, den Trichter beim Befüllen der Textilschläuche zu verstopfen (Brückenbildung). Für die weiteren Versuche wurde deshalb dieses Granulat verwendet.

Schottsystem mit speziell entwickelten Klemmspreizen für höhere Stabilität

Schottsystem mit speziell entwickelten Klemmspreizen für höhere Stabilität
Schottsystem mit speziell entwickelten Klemmspreizen für höhere Stabilität
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Herstellung in einem Arbeitsgang

Die Textilschläuche sollen bei der Herstellung direkt mit dem Bentonit-Granulat befüllt werden, sodass das komplette Produkt in einem Arbeitsgang entsteht. Die Wissenschaftler testeten gemeinsam mit Vertretern der Umwelt- und Maschinentechnik GmbH aus Pöhl hierfür geeignete Spezialmaschinen, die in der Textilverarbeitung zum Einsatz kommen. Dazu zählen beispielsweise eine Rundwirkmaschine, eine Rundstrickmaschine und eine sogenannte Kemafil-Maschine. Letztere ermöglicht ein vom Sächsischen Textilforschungsinstitut entwickeltes und patentiertes Spezialverfahren, bei dem unterschiedlichste Materialien mit einer dreidimensionalen Maschenstruktur ummantelt werden können. Für das Dichtungssystem wurde ein Vliesstoff zu einem Schlauch geformt und mit Maschenfäden fixiert, während gleichzeitig die mineralischen Substanzen eingefüllt wurden. Die Versuche ergaben, dass sich eine Rechts-Links-Kleinrundstrickmaschine am besten für die Herstellung der Dichtung für das Schottsystem eignet.

Dichtschlauch aus einem Kleinrundgestrick mit integriertem BENTONIT-Granulat

Dichtschlauch aus einem Kleinrundgestrick mit integriertem BENTONIT-Granulat
Dichtschlauch aus einem Kleinrundgestrick mit integriertem BENTONIT-Granulat
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Zusätzlicher Ausschwemmschutz

Modifizierte RL-KRSM mit Zuführ-, Dosier- und Fülleinrichtung

Modifizierte RL-KRSM mit Zuführ-, Dosier- und Fülleinrichtung
Modifizierte RL-KRSM mit Zuführ-, Dosier- und Fülleinrichtung
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Fest steht, dass mit mineralischen Granulaten gefüllte Textilschläuche geeignet sind, kleine und größere Mauerunebenheiten auszugleichen und exakt abzudichten. Sie müssen vor dem Einsetzen zwischen Mauer und Platte durchfeuchtet werden. Ist eine größere Strömungsgeschwindigkeit vorhanden, sollte ein zusätzlicher Ausschwemmschutz vor der Dichtung angebracht werden. Dafür eignet sich ein Schlauch aus weichem, textilem Recyclingmaterial. Er verhindert zwar nicht, dass Wasser nach und nach bis zur Dichtung vordringt, setzt aber die Strömungsgeschwindigkeit so herab, dass die mineralischen Bestandteile nicht ausgewaschen werden.

Vorteile der selbstdichtenden Wassersperre

Die selbstdichtende Wassersperre ist ein Schnellbausystem, das sich ohne Vorinstallationen flexibel und mit geringem Aufwand an allen Gebäudearten anbringen und ebenso problemlos wieder entfernen lässt. Zum System gehören neben der mineralischen Dichtung und dem Ausschwemmschutz auch metallische oder nichtmetallische Frontplatten, die mithilfe einer Schnellspanneinrichtung angebracht werden. Damit entfällt die Befestigung mittels Schrauben und Dübeln direkt am Mauerwerk. Dank exakt sitzender Dichtung erübrigt sich zudem das mühevolle Nachdichten, wenn das Hochwasser bereits gegen die Sperre drückt.

Sächsisches Textilforschungsinstitut e. V. (STFI) an
der Technischen Universität Chemnitz
Abt. Technische Textilien/Web- & Maschenwaren

Dipl.-Ing. Ulrich Herrmann
Annaberger Straße 240
09125 Chemnitz
Tel.: 03 71/52 74-2 16
Fax.: 03 71/52 74-1 53
E-Mail: ulrich.herrmann@stfi.de
Internet: http://www.stfi.de/de/stfi/ueber-uns.html
Förderkennzeichen : 02WH0477
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